Freitag, 29. März 2024

27. April 2023
Die Wirtschaftspresseschau

Der hessische Heizungsbauer Viessmann verkauft seine Klimatechnik-Sparte an den US-Konkurrenten Carrier Global. Der Kaufpreis beträgt zwölf Milliarden Euro.

27.04.2023
Logo des Heizungsherstellers Viessmann. Weiße Schrift auf rotem Hintergrund.
Der Heiztechnikhersteller Viessmann will seine Wärmepumpen-Sparte verkaufen. (picture alliance/Benoit Doppagne/BELGA/dpa )
Dazu schreibt das HANDELSBLATT:
"Selten hat der Verkauf eines deutschen Unternehmens an einen ausländischen Konzern so sehr die Gemüter erregt wie jetzt der Fall Viessmann. Die Aufregung ist verständlich: Ein 1917 gegründetes Traditionsunternehmen in Familienhand gibt sein Kerngeschäft ab. Noch dazu in einem Wachstumsmarkt, dem Bau von Wärmepumpen. Das ist bemerkenswert – und besorgniserregend. Schließlich braucht Deutschland für die Energiewende doch gerade Wärmepumpen. Entsprechend schockiert reagierten viele Politikerinnen und Politiker. Das ist bis zu einem gewissen Grad scheinheilig, denn letztlich trägt die Politik eine gehörige Mitschuld. Die Rahmenbedingungen, die Berlin – speziell bei Klimaschutz und Energiewende – setzt, wirbeln Marktverhältnisse durcheinander und überfordern viele Unternehmen, vor allem im Mittelstand. Die Familie Viessmann hätte zum Verkauf sicherlich noch Alternativen gehabt. Sie hat sich gegen das Risiko entschieden. Das ist zu bedauern, aber auch nachvollziehbar. Die Kehrtwende, die die Politik vorgegeben hat, war einfach zu abrupt."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist anderer Meinung:
"Die Familie verkauft nicht, weil die Umstellung auf die Wärmepumpe über ihre Kräfte ginge. Sie verkauft, weil das auch in Deutschland bald ein standardisiertes Massengeschäft sein wird, in dem Größe und Kostenvorteile mehr zählen als alles andere. Schließlich ruft alle Welt nach billigeren Wärmepumpen. Die Großen dieses Fachs sitzen aber in den USA und Japan, weil die Technik dort längst weit verbreitet ist."
Die NÜRNBERGER ZEITUNG notiert:
"Dass Wirtschaftsminister Habeck den Viessmann-Deal nun prüfen lassen will, ist Augenwischerei. Bei Wärmepumpen handelt es sich ja nicht um kritische Infrastruktur. Wenn Deutschland klimaneutral werden will ohne wirtschaftlich Schaden zu nehmen, braucht es eine flankierende Industriepolitik, die sich um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und der betroffenen Unternehmen kümmert. Daran fehlt es."
"Der Verkauf ist Teil einer Marktkonsolidierung, die zu einer höheren Effizienz führt – und so am Ende zu einer günstigeren Energiewende", hält ZEIT ONLINE fest und führt aus:
"Der Markt regelt es also, und eigentlich ist das ein Grundaxiom einer liberalen Wirtschaftspolitik. Aber vielleicht geht es hier auch nicht um Wirtschaft, sondern um Politik. Einige FDP-Politiker glauben offensichtlich, dass eine Profilierung in der Ampel-Koalition nur über eine Inszenierung als Gegenpol zu den Grünen gelingen kann. Dann ist selbst der Verkauf eines deutschen Unternehmens an ein amerikanisches auf einmal irgendwie ein Skandal."